Kurzgeschichte: Holmes 2.0

17.08.2019

Wir schreiben das Jahr 3015 7/8tel. Mein Name ist Holmes. Das ist selbstverständlich mein Nachname. Meinen Vornamen habe ich leider vergessen. Namen werden meiner Meinung nach sowieso überbewertet. Zu meiner Person: Ich bin ein Detektiv. Der einzige noch lebende Detektiv im Weltall, um genau zu sein. Wir leben auf dem Planeten Pluto. (Anmerkung der Regie: Natürlich ist Pluto kein Planet mehr, aber Planet klingt nun mal besser.)

Ich bin gerade auf dem Weg in die Leichenhalle. Irgendwer ist aus irgendeinem Grund irgendwo mal wieder gestorben. Was für ein Jammer.

Der gute Herr Doktor – seinen Namen weiss ich nicht mehr, irgendwie Walten, Water, Watser oder so – wartet bereits auf mich. Er hält eine Pinzette in der Hand und seufzt. Ich gehe langsam auf ihn zu und sage: "Na, wer ist dieses Mal vor die Hunde gegangen?"

Der Doktor sieht mich an. Er mag mich wohl nicht besonders. Ich glaube, er hält mich für nicht klug genug, einen Fall zu lösen, obschon ich durchaus bereits 2 ½ Fälle gelöst habe. 2 ½! Das sind 2 ½ mehr als nichts.

"Sein Name ist Peter Panter. Denken wir zumindest", meint der Herr Doktor.

Ich sehe ihn verwundert an. "Ihr denkt? Wieso wisst ihr das nicht sicher? Sie sind doch sonst nicht so unfähig, lieber Herr Doktor." Ja, ich weiss, das war unhöflich.

Prompt ernte ich einen bösen Blick. Gekonnt ignoriere ich ihn.

"Sein Kopf. Nun, er fehlt."

Ich blicke auf die Leiche, die auf dem Tisch liegt. Stimmt, da fehlt ein Kopf. Was für ein Jammer.

"Wie konnten Sie ihn denn identifizieren?" Früher gab es mal was, das nannte sich Fingerabdruck. Was für ein Quatsch! Wieso sollten Aliens denn Fingerabdrücke haben? Wir haben noch nicht einmal richtige Finger, wo sollte da ein Abdruck herkommen? Aber ich sehe, ich bin von Thema abgekommen. Zurück zum Toten ohne Kopf.

"Mein Freund hier" – damit zeigt der Doktor auf einen kleinen, dicken Mann – "nun, er hat ihn anhand seiner Haare auf dem grossen Zeh identifiziert."

Haare auf dem grossen Zeh?

"Wir sind uns somit zu 73 1/7 % sicher, dass es sich bei dem Toten da um Herr Peter Panter handelt", schliesst der Herr Doktor ab und nickt, als müsse er sich selbst bekräftigen, da ich das nicht tue.

"Soso", erwidere ich. "Wieso gerade 73 1/7 %?" Der Herr Doktor ist meiner Meinung nach nicht die hellste Kerze auf dem Planeten. (Anmerkung der Regie: Ja, Pluto ist immer noch kein Planet.)

Ich glaube, nun mag mich der Herr Doktor überhaupt nicht mehr, denn er schaut mich so unheimlich an mit seinen pinkfarbenen Augen.

"Weil gerade so viel von seinem Haar übriggeblieben ist. Den Rest hat mein Kollege, John R., leider zum Frühstück verspeist. Bedauerlich."

"Fehlt da nicht irgendwo noch ein Captain?" Das war der dicke Kollege. "Wuff!"

Ich kneife die Augen zusammen. Wuff?

Der Herr Doktor weist seinen Kollegen an, still zu sein, bevor er mir erklärt: "Nun, er hatte bedauerlicherweise vor ein paar Jahren einen Unfall. Er hat sein Gehirn verloren und wir waren nicht in der Lage, es zu finden. Somit mussten wir improvisieren. Wir haben also ein neues Hirn für ihn gesucht. Nun, zu unserem Bedauern haben wir kein Ganzes mehr gefunden. Sie wissen ja, nach der Zombie-Apokalypse letztes Jahr sind uns ein paar Gehirne abhandengekommen. Wir haben aber in einer Kiste mit der Aufschrift "Sperrmüll" zwei Teile eines Gehirns gefunden. Wir nehmen an, der eine Teil stammte von einem süssen kleinen Fellknäul, das man wohl Hund nannte. Daher das Wuff. Und der andere Teil, nun, der gehörte zu einem Piraten, Spatz war wohl sein Name. (Anmerkung der Regie: Ja, es handelt sich tatsächlich um J.S., den Captain der Black Peal.) Wir haben die beiden Gehirnhälften dann zusammengefügt. Bedauerlicherweise passten sie nicht ganz aufeinander, da die eine viel grösser war, also mussten wir sie mit Schläuchen verbinden. Daher gibt es ein paar Übermittlungsfehler."

Ich nicke bloss. Was für ein Jammer.

"Was können Sie mir sonst noch über das Opfer sagen?", frage ich schnell, um wieder auf meinen Fall zu sprechen zu kommen. Immerhin will ich meine Erfolgsbilanz auf 3 ½ anheben können.

"Nichts, das war's." Hilfsreich, der Herr Doktor.

Ich habe keine Lust mehr auf den Kerl, daher gehe ich hinaus. Mein Raumschiff wartet bereits vor der Tür auf mich. Sein Name ist Sams. (Anmerkung der Regie: Nach einem jungen, hübschen Mann benannt, nicht nach dem kleinen rothaarigen Dings.)

"Wo soll's hingegen, Holmes?", fragt mich mein treuer Begleiter Sams, dessen Stimme mich stets an einen uralten Roboter erinnert.

"Zum nächsten Burgerladen. Ich habe Lust auf einen Burger mit Sternschnuppensauce und Pommes à la Mond."

"Sehr gern." Mein Gefährte macht sich auf den Weg. Der nächste Burgerladen ist leider auf dem Jupiter, sonst würde ich wohl jeden Tag dorthin gehen. Was für ein Jammer.

Beim Jupiter angekommen, bestelle ich mein gewünschtes Menu und wir machen uns auf den Weg, den Mörder zu suchen. Sie erinnern sich, da war dieser Typ ohne Kopf.

Ich bin ja bekanntlich ein schlaues Kerlchen, daher mache ich mich als erstes in die Wohnung von Herr Peter Panter auf. Ich treffe auf eine ältere Frau. "Wissen Sie, wer den Herrn Panter umgebracht hat?" Ich bin zu bequem, um selbst auf die Lösung des Falls zu kommen. Wozu gibt es denn Personal? (Anmerkung der Regie: Zugegeben, bei der Frau handelt es sich nicht wirklich um Personal, aber egal.) (Anmerkung der Regie: Das hat sich sogar gereimt.)

"Natürlich", krächzt die Frau. Wow, die Stimme ist echt schrecklich. "Das war der kopflose Reiter."

Kopfloser Reiter (Anmerkung der Regie: Würdest du Sleepy Hollow kennen, wüsstet du, wieso ich auf die Idee gekommen bin). Natürlich. Wieso auch nicht.

"Und wo ist er jetzt?"

"Na, im Keller."

Ich fackle nicht lange und mache mich auf den Weg in den Keller. Und tatsächlich, dort in der Ecke sitzt ein kopfloser Reiter. Er weint. Er weint?!

Ich gehe auf ihn zu und räuspere mich. "Sir, ich glaube, Sie sind verhaftet."

Ich denke, er hätte mich erstaunt angesehen, hätte er einen Kopf gehabt. Apropos Kopf: Wie kann jemand ohne Kopf eigentlich weinen? (Anmerkung der Regie: Darauf weiss ich auch keine Antwort. Aber er muss weinen, sonst gäbe der Rest der Geschichte keinen Sinn. Also stellen wir uns die Frage einfach nicht.)

"Was ist denn mit Ihnen los?", frage ich den armen Kerl.

Er zuckt mit den Schultern und sagt: "Ich wollte endlich meinen Job aufgeben. Ich will nicht mehr der kopflose Reiter sein. Das ist deprimierend. Ich wollte den Mann zu meinem Nachfolger machen. Aber er hat die Umwandlung nicht überlebt." Er weint noch lauter. (Anmerkung der Regie: Wie der Kopflose sprechen kann, fragen wir uns an dieser Stelle besser auch nicht.)

"Nun, das verstehe ich. Ich möchte auch nicht kopflos sein." Ich verspüre wirklich Mitleid. Ich weiss nicht, ob ich ihn nun verhaften soll oder nicht. Immerhin ist er wohl schon genug gestraft. "Na gut, dieses Mal lasse ich Sie davonkommen. Aber bitte, köpfen Sie keinen mehr."

Der Kopflose nickt. (Anmerkung der Regie: Schon klar.)

Nun, wie soll ich sagen, ich bin der Beste! Ich glaube, ich stehe jetzt bei 3 gelösten Fällen. Das als ganzen zu zählen, wäre wohl zu viel verlangt. Danke für den Applaus! (Anmerkung der Regie: Gute Nacht.)